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Hohe Zellzahlen in der Milch – Grund für das Silocontrolling
Silocontrolling

Hohe Zellzahlen in der Milch – Grund für das Silocontrolling

Geschrieben von Nina Rittweg

Hohe Zellzahlen in der Milch- was bedeutet das?

Die somatische Zellzahl wird als wesentlicher Indikator für die Eutergesundheit von Milchkühen herangezogen. Unter der somatischen Zellzahl versteht man körpereigene Zellen, wie beispielsweise Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Phagozyten oder Epithelzellen. Diese werden bei Entzündungsprozessen vermehrt gebildet und in die Milch abgegeben. Kühe mit einem Zellgehalt von < 100.000 Zellen/ml Milch gelten als eutergesund. Der Anteil von Kühen in der Herde mit einem Zellgehalt > 150.000 Zellen/ml Milch sollte 20 % nicht überschreiten. Ziel ist es, die Zellzahl der Einzeltiere möglichst niedrig zu halten. Zum einen, um das Wohlbefinden der Kuh zu erhalten, zum anderen führen hohe Zellzahlen in der Tankmilch zu Abzügen beim Auszahlungspreis. Das liegt damit zusammen, dass eine höhere Zellzahl die Zusammensetzung der Milch insgesamt verändert, was wiederum einhergeht mit Problemen bei der Weiterverarbeitung in der Molkerei.

Die Zellzahl der Milch kann als Spiegel des Herdenmanagements gesehen werden. Managemententscheidungen hinsichtlich der Haltung und Fütterung spielen dabei eine zentrale Rolle. Insbesondere der Einfluss der Fütterung auf die Zellzahl der Milch wird häufig unterschätzt. Zwar sind hohe Zellzahlen meist ein multifaktorielles Problem, diese werden jedoch vor allem durch unzureichende Qualitäten der Komponenten in der Ration begünstigt. Deshalb sollte das Silocontrolling im Betrieb in den Fokus rücken und im Hinblick auf die Gesundheit der Herde ein zentrales Element im Herdenmanagement sein.

Subklinische Mastitis - Versteckte Kosten

Noch immer stellen Eutererkrankungen eine der häufigsten Abgangsgründe auf Milchviehbetrieben dar. Oft sind dies chronisch kranke Tiere, bei denen die Erstinfektion lange Zeit zurückliegt und mit der Erhöhung der Zellzahl begonnen hat, die lange unbemerkt blieb.

Hohe Zellzahlen ohne klinische Symptome stellen einen nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor auf Betrieben dar. Zum einen gibt es, abhängig von der jeweiligen Molkerei, ab der Überschreitung einer durchschnittlichen Zellzahl von > 250.000 Abzüge vom Milchgeld. Aber auch das entgangene Milchgeld, bedingt durch die verminderte Milchproduktion erkrankter Kühe, ist zu berücksichtigen. Untersuchungen von Distl (1995) zufolge produzieren Kühe mit 200.000 bis 500.000 Zellen/ml Milch täglich etwa 2 kg Milch weniger als eutergesunde Kühe. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Tierarztkosten, sowie anfallende Medikamentenkosten. Bei Antibiotikaeinsatz ist zusätzlich eine mehrtägige Liefersperre der betroffenen Tiere einzuhalten. Zudem brauchen die Kühe nach Abschluss der Behandlung eine gewisse Zeit, um zum ursprünglichen Leistungsniveau zurückzukehren. Kühe mit hoher Zellzahl stellen durch eine Erregerverschleppung zudem eine Gefahr für andere Tiere in der Herde dar. Auch eine erhöhte Remontierungsrate, bedingt durch eine reduzierte Fruchtbarkeit kann die Folge von hohen Zellzahlen sein.

Hohe Zellzahlen vermeiden - Vorsorge ist besser als Nachsorge

Milchkühe werden täglich mit vielen Stressfaktoren konfrontiert. Beispiele dafür sind verschmutzte Liegeboxen, Hitzestress, Klauenerkrankungen oder Rangkämpfe. Diese Faktoren können das Wohlbefinden der Tiere negativ beeinträchtigen und sich in Form einer verminderten körpereigenen Abwehr bemerkbar machen.  Einen besonderen Stellenwert nimmt in diesem Zusammenhang auch die Fütterung ein. Eine unzureichende Qualität der Rationskomponenten wirkt sich direkt negativ auf die Gesundheit der Kühe aus. Als Konsequenz sinkt die Futteraufnahme und Entzündungsprozesse werden gefördert. Das macht sich bemerkbar in einer höheren Anfälligkeit für Krankheiten. Häufig reagiert die Herde zunächst mit einem Anstieg der Zellzahl.

Die Reduktion von Stress kann durch einfache Maßnahmen verbessert werden.

Checkliste für niedrige Zellzahlen und ein gesteigertes Wohlbefinden der Kühe im Stall:

  • Luftqualität im Stall kontrollieren (Achtung: keine Zugluft)
  • Hitzestress vermeiden (Kühlung durch Luft und Wasser)
  • Wasserqualität und eine ausreichende Verfügbarkeit sicherstellen
  • Trittsicherheit & Klauengesundheit
  • Überbelegung vermeiden
  • Enge Laufgässe und Sackgassen vermeiden
  • Melktechnik und Melkroutine regelmäßig überprüfen und kritisch hinterfragen
  • Qualität und Verfügbarkeit der Rationskomponenten prüfen

Das Silo als Ursache für hohe Zellzahlen

Das Grundfutter stellt mengenmäßig den größten Anteil in der Ration dar, Kraftfutterkomponenten hingegen sind teuer und deren Verfügbarkeit ist begrenzt. Folglich besteht das Ziel eines wirtschaftlich erfolgreichen Milchviehbetriebes darin, die Maximierung der Grundfutterleistung anzustreben. Deshalb ist es wichtig, auf hohe Qualitäten und möglichst geringe Verluste vom Ernteprozess bis zum Futtertisch zu achten.

Mit der Ernte des Grundfutters wird der Grundstein für eine erfolgreiche Rationsgestaltung des kommenden Jahres gelegt. Die Qualität des Erntegutes nimmt somit direkt Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere, deren Gesundheit und letztendlich der Zellzahlen und der Qualität und Quantität der Milchproduktion. Fehler im Siliermanagement sind gerade deshalb langfristig im Betrieb zu spüren. 
Um von der Ernte bis zur Fütterung die Qualität des Futters zu erhalten, gilt es einige Eckpunkte zu befolgen. Nur auf diesem Weg ist es möglich, dass Energie- und Qualitätsverluste vermieden werden.

 Maßnahmen

Schnitthöhe: 6-8 cm

→ Reduktion Schmutzeintrag 

Schmutz wirkt puffernd, verhindert schnelles Absinken des pH-Wertes & fördert somit unerwünschte Mikroorganismen

Häcksellänge 2,5- 5 cm

→ Bessere Verdichtung

Höhere Lagerdichte verringert die Eindringtiefe von Luft in den Stock
Verdichtung sicherstellen

Erntegut anwelken (TS: 30-40 %)

< 30 % TS: Energieverluste durch Sickersaftverluste und Wasser wirkt puffernd,

> 40 % TS: Verdichtungsprobleme

SchnittzeitpunktKompromiss zwischen Ertrag und Inhaltsstoffen wählen
AnschnittflächeGerade  Eindringen von Luft in den Stock beschleunigt den Verderb
Ausreichender Vorschub

Im Sommer mind. 2,5 m/Woche

Geringe Vorschubmengen: Propionsäure-Präparate zur aeroben Stabilisierung

Auch nach der Ernte kann es zum Verderb des Erntegutes kommen. Zentralen Stellenwert nimmt deshalb das regelmäßige Silocontrolling ein. Nacherwärmungen im Silostock führen zum Verderb des Futters und damit zur Abnahme der Schmackhaftigkeit. Im Sommer bei hohen Temperaturen besteht dafür ein erhöhtes Risiko. Zudem steigt die Gefahr der Nacherwärmung auf dem Futtertisch. Um dem vorzubeugen, sollten der Ration Stabilisatoren zugegeben werden. Bleibt das Silocontrolling aus und es kommt zur Verfütterung des verdorbenen Futters, sinkt die Futteraufnahme, was letztendlich gravierende Folgen für die Tiergesundheit hat. Begünstigt durch die unzureichende Futteraufnahme steigt das Risiko für klassische Stoffwechselstörungen wie Ketosen oder Acidosen aber auch das Risiko für Gebärparesen steigt:
 

  • Das sorgt im Beispiel der Acidose dafür, dass die Leber, bedingt durch die Belastung mit freien Fettsäuren, ihre Aufgabe als Entgiftungsorgan nicht adäquat ausüben kann. Dies geht zu Lasten des Abwehrsystems der Kuh, wodurch Erreger, die zum Beispiel durch den Zitzenkanal in die Kuh eindringen, von körpereigenen Schutzmechanismen schlechter bekämpft werden können. Das Risiko für Infektionen im Euter mit der Folge von Zellzahlanstiegen ist erhöht.
  • Durch die Gebärparese, besser bekannt als Milchfieber, ist der Calcium-Stoffwechsel gestört und im Fall der klinischen Form kommt es zum Festliegen der Kuh. Viele Kühe erkranken jedoch subklinisch ohne sichtbare Symptome. Durch den Mangel an Calcium ist die Muskelkontraktion beeinträchtigt. Dies wirkt sich auf den Schließmuskel der Zitze aus, so begünstigt ein verzögertes Schließen des Zitzenkanals, dass Erreger die Möglichkeit haben, im Zitzenkanal aufzusteigen und dort eine Entzündung auszulösen, was ebenfalls einen Anstieg der Zellzahlen zur Folge hat.
  • Energiemangel ist ursächlich für das Auftreten einer Ketose. Diese bereitet Folgeerkrankungen einen idealen Nährboden, da die natürliche Barrierefunktion des Euters durch das Vorhandensein einer großen Menge an Ketonkörper und Ammoniak in der Milch herabgesetzt wird. Dieser Umstand erleichtert es Krankheitserregern ins Euter einzudringen. Dadurch steigt die Zellzahl und das Risiko für das Auftreten von klinischen Mastitiden ist erhöht. Auch Krankheiten wie Labmagenverlagerungen oder Gebärmutterentzündungen werden durch eine reduzierte Immunabwehr und eine nicht ausreichende Futteraufnahme begünstigt.

Das Auftreten von Stoffwechselkrankheiten wird häufig in Verbindung mit der Abkalbung gesehen. Es ist jedoch zu bedenken, dass Hochleistungskühe auf eine gleichbleibend hohe Energiezufuhr angewiesen sind. Wenn bereits im Silo Nacherwärmung und somit Energieabbau stattfindet, kann der Bedarf nicht mehr über die Futteraufnahme gedeckt werden. Die Aufnahme von Mykotoxinen belastet zudem das Immunsystem und macht es anfälliger für weitere Erreger. Das ist als Grund für Infektionen und Stoffwechselstörungen auch im fortgeschrittenen Laktationsstadium anzusehen.

Mykotoxine - die lauernde Gefahr im Silostock

Schaubild Mykotoxine Silostock

Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen und stellen eine Gefahr in Silagen, Kraftfutter, Stroh und Heu für die Tiergesundheit dar. Sie treten durch sinkende Futteraufnahmen und Leistungen in Erscheinung und beeinflussen die Fruchtbarkeit und die Tiergesundheit negativ. Gärschädlinge finden optimale Lebensbedingungen im Silostock, wenn der Silierprozess nicht optimal abläuft. Das Ziel in der Konservierung von Futter ist, dass die Milchsäuregärung so schnell wie möglich einsetzt, damit der pH-Wert schnell absinkt und das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen unterdrückt wird. Dazu zählen Clostridien, Enterobakterien & Colibakterien, Fäulnisbakterien & Proteinzersetzer aber auch Schimmel- & Hefepilz. Diese können sich exponentiell vermehren und sind verantwortlich für den Futterverderb. Mit Beginn der Öffnung des Silos beginnt eine kritische Phase, da Sauerstoff eintritt und die Stabilität abnimmt. Ab diesem Zeitpunkt gehören regelmäßige Kontrollen am Silostock zu einem guten Management und zur Prävention von Krankheiten.

Schaubild zur Nacherwärmung im Silo

Nacherwärmung im Silo verursacht durch Hefen und Bakterien (nach Pahlow 2006).

Nicht schmackhaftes und qualitativ minderwertiges Futter senkt, bedingt durch fehlende Akzeptanz, die Futteraufnahme und erhöht zusätzlich durch eine Belastung des Immunsystems die Infektionsanfälligkeit der Kuh. Dadurch wird eine Kaskade weiterer Krankheiten in Gang gesetzt, was eine Erhöhung der Zellzahlen in der Milch zur Folge hat. Das Silocontrolling ist daher ein zentrales Element, was zur frühzeitigen Prävention von Krankheiten beiträgt und fester Bestandteil jedes guten Betriebsmanagements sein sollte - auch, um hohe Zellzahlen zu vermeiden.

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FarmCHAMPs-Autorin Nina Rittweg
Autor

Nina Rittweg

Über Nina Rittweg: "Besser geht immer! Als Rindertierärztin stehe ich jeden Tag auf verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben: Ich sehe die Futtertische, die Silos, die Kühe und Kälber - und überall Potential, immer noch ein bisschen besser zu werden. Gerne trage ich mit meinem Wissen aus Studium, Wissenschaft und Praxis dazu bei!"

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