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Die Kolostrumversorgung beim Kalb
Frau mit Kälbchen im Kälberiglu

Die Kolostrumversorgung beim Kalb

Geschrieben von Nina Rittweg

Der optimale Start der Milchkuh fängt mit optimaler Kolostrumversorgung an, damit infektionsbedingte Durchfälle keinen langfristigen Schaden verursachen.  In diesem Zeitraum ist es besonders wichtig, dass die neugeborenen Kälber rechtzeitig und ausreichend mit hochwertigem Kolostrum versorgt werden. Echte FarmCHAMPs wissen dabei ganz genau, worauf sie achten müssen, damit alles optimal funktioniert.

Warum überhaupt Kolostrum?

Anders als beim Menschen, bei dem das Baby im Mutterleib Antikörper über die Plazenta der Mutter erhält, ist die Plazenta der Kühe undurchlässig für diese wichtigen Schutzstoffe. Unverzichtbar sind diese Antikörper, weil ohne sie das Kalb in den ersten Lebenswochen Infektionen ungeschützt ausgesetzt ist, bis es langsam eine eigene Immunität aufbaut. Neben dem hohen Energiegehalt liefert das Kolostrum daher vor allem eine große Menge lebenswichtiger Antikörper aus dem Immunsystem der Mutter. Sowohl stallspezifische als auch solche, die die Mutter durch Impfungen (z. B. aus einer Mutterschutzimpfung gegen Rota, Corona und E. Coli) erhält. Da diese mütterlichen Antikörper die Darmschranke des Kalbes nur in den ersten Lebensstunden passieren können, ist es besonders wichtig, dass Sie das Kolostrum zügig nach der Geburt verabreichen. Somit geben Sie dem Kalb einen weitaus besseren Schutz gegen Krankheiten mit auf den Weg, als es sein Immunsystem in dieser Phase allein bewerkstelligen könnte. Ebenso essenziell für einen gesunden Start in das Leben ist der vielfach höhere Gehalt an Spurenelementen und Vitaminen im Kolostrum im Vergleich zur Vollmilch. Biestmilch enthält beispielsweise das bis zu 33-fache an Zink und das fünf- bis achtfache an Vitaminen!
 

Eine optimale Versorgung Ihrer Jungtiere mit Kolostrum kann mit der 3-Q-Regel gemerkt werden:

  • Quick (innerhalb der ersten Lebensstunden)
  •  Quantity (3-4l)
  • Quality (gute Qualität, siehe weiter unten)

Kurz und knapp gesagt, ist eine frühzeitig ausreichende Menge von hoher Qualität wichtig. Halten Sie sich daran, kann fast nichts mehr schiefgehen. Aber wie können Sie diese Punkte alle optimal erfüllen?

Wie können Sie die Qualität des Kolostrums erkennen?

Die Kolostrum-Qualität kann ganz leicht an der Konzentration der Antikörper abgelesen werden, denn gute Biestmilch enthält mindestens 50 g/l Immunglobulin G. Um den Immunglobulin-Gehalt des Kolostrums möglichst genau zu bestimmen, können Sie zwischen zwei einfachen, praxistauglichen Systemen wählen: Kolostrumspindel und Refraktometer.

Mit der Kolostrumspindel

Dieses nützliche Instrument besteht aus Glas und ähnelt der Spindel, mit der beim Bierbrauen die Stammwürze bestimmt wird. Es arbeitet mit dem Prinzip der Massenverdrängung, das bedeutet, dass es abhängig von der Masse der Volumeneinheit (also wie schwer der Milliliter Kolostrum ist) unterschiedlich tief in das Kolostrum einsinkt.
Für die Bestimmung der Menge der Immunglobuline im Kolostrum geben Sie eine Probe der Biestmilch in ein hohes Gefäß und stellen die Spindel hinein. Je höher der Gehalt an Antikörpern in der Flüssigkeit, desto höher ist ihr Massengewicht und desto weiter wird daher die Spindel aus der Kolostrumprobe herausgeschoben. Die Spindel ist mit einer Skala ausgestattet, an der Sie den Gehalt an Immunglobulinen ganz einfach ablesen können. Oft besteht diese auch nur aus einem roten, einem gelben und einem grünen Bereich, der nach dem Ampel-Prinzip sagt, ob sich das Kolostrum zur optimalen Versorgung Ihrer Kälber eignet oder nicht.
Dieses System hat sich seit langem bewährt und wird in der Praxis vielfach eingesetzt. Dies erfordert allerdings einen sorgfältigen Umgang sowohl mit dem Gerät als auch mit dem Kolostrum. Zum einen handelt es sich um ein zerbrechliches Instrument aus Glas, zum anderen verändern sich die Ergebnisse der Spindelmessung mit der Temperatur der Flüssigkeit. Geeicht sind die Spindeln auf Raumtemperatur was bedeutet, dass bei sehr warmem oder sehr kaltem Kolostrum eine Abweichung passieren kann. Darum sollten Sie immer genügend Zeit vor der Messung des Immunglobulin-Gehalts einplanen, um das Kolostrum bei Bedarf zu erwärmen oder zu kühlen.

Biestmilchspindel

Mit dem Refraktometer
Das Refraktometer hat deutliche Vorteile gegenüber der Messspindel, obwohl es etwas teurer ist. Es ist nicht nur bruchfester, sondern liefert zudem genauere Ergebnisse, die unabhängig von der Temperatur der Probe sind.
Refraktometer werden bereits seit langem in der Medizin zur Beurteilung von Urin oder Blut, sowie in Brennereien zur Bestimmung des Alkoholgehalts eingesetzt. Dieses Gerät macht sich die Tatsache zunutze, dass verschiedene Flüssigkeiten einfallendes Licht abhängig von ihrer Dichte unterschiedlich stark brechen. Um ein Refraktometer für die Beurteilung der Kolostrum-Qualität zu nutzen, müssen Sie nur einige Tropfen der zu untersuchenden Flüssigkeit auf das Deckglas des Instruments träufeln, es auf eine Lichtquelle richten und durch die Linse schauen. Sie sehen eine Skala, die mit einer waagerechten Grenzlinie den abzulesenden Wert angibt, den Sie anhand einer dem Refraktometer beigelegten Tabelle ganz einfach in den eigentlichen Gehalt an Immunglobulinen übersetzen können. Ein digitales Refraktometer spart mehr Zeit ein, da der gesuchte Wert sofort abgelesen werden kann.

Refraktometer

Umrechnungstabelle Brix % : IgG

 Brix %IgG / Liter
schlechtweniger 20weniger 25
mittelmäßig20 bis 22 25 bis 50
gutmehr als 22mehr als 50

Quelle: Benedikt Rodens, Rückweiler - ELITE Online - www.bauernzeitung.at


Gute Kolostralmilch enthält 50 IgG/l
Die Erstversorgung sollte mindestens 150 IgG sein = 3 Liter

Fitte Kühe für bestes Kolostrum

Als erfahrener FarmCHAMP wissen Sie natürlich, dass für ein Spitzen-Kolostrum die Gesundheit der Mutterkühe unverzichtbar ist.
Wenn Ihre Tiere:

  • ausreichend mit Mineralstoffen und Vitaminen versorgt sind,
  • einen optimalen BCS-Score von 3,5 – 3,75 aufweisen,
  • bereits länger in deinem Betrieb stehen,
  • eine Mutterschutzimpfung erhalten haben,
  • mindestens fünf Wochen trocken stehen, 
  • das Euter gesund ist (Euterkontrollen der Trockensteher), 
  • keinen oder geringen Hitzestress aufweisen, 
  • zum errechneten Geburtstermin abkalben,

haben Sie gute Chancen, eine ausreichende Menge guten Kolostrums zu geben. 
Neben dem Immunglobulin-Gehalt sind natürlich noch weitere Faktoren für die Qualität des Kolostrums wichtig. Die Menge an Kolostrum: je größer diese, desto eher neigt es dazu „dünn“, also nicht konzentriert genug zu sein. 
Aber auch bei der Gewinnung des Kolostrums hängt die Qualität vom richtigen Timing ab: Entscheidend ist hierbei, dass das Erstgemelk die höchsten Antikörperkonzentrationen aufweist, sich der Gehalt an Immunglobulinen jedoch bereits 9 Stunden nach der Geburt deutlich reduziert. Daher ist es wichtig, das Kolostrum so bald wie möglich nach der Geburt aus dem Erstgemelk zu gewinnen, um dem Kalb eine optimale Kolostrumqualität anbieten zu können.  

Nur ein gesundes Euter mit entsprechend niedriger Zellzahl kann diese Qualität garantieren. Nicht zu unterschätzen sind dabei mögliche Verunreinigungen. Auch der Landwirt ist ganz entscheidend für die Steigerung der Qualität der Biestmilch. Sorgen Sie nämlich bei Ihren Tieren für eine gute Eutergesundheit und achten immer darauf, sauber zu arbeiten, tragen Sie ebenso erheblich dazu bei, dass das Kolostrum auch einen wirklich kraftvollen Start Ihren Kälbern ermöglicht. Vor allem Tränkeeimer und Nuckel sollten immer gut gereinigt und desinfiziert werden, da sich hier sonst sehr schnell hohe Keimzahlen ansammeln können. Die Keimbelastung an einem gesunden Euter wäre für das Kalb eher gering, aber in einem Tränkeeimer kann die Anzahl an Keimen 10.000-mal höher sein, an einem Nuckel sogar bis zu 1.000.000-mal. Daher ist hier eine gute Hygiene und sauberes Arbeiten ganz entscheidend, um die Belastung mit Krankheitserregern für die Kälber so gering wie möglich zu halten.

Die besten Tipps für eine Kolostrumversorgung


Timing ist (fast) alles


Sollen Ihre Kälber auch den vollen Nutzen aus dem wertvollen Kolostrum ziehen, dann dürfen Sie bei der Verabreichung keine Zeit verlieren. 
Die normale physiologische Darmschranke erwachsener Säugetiere lässt es nicht zu, dass Teilchen ab einer gewissen Größe ungehindert eindringen können. Sie werden zuvor in kleinere Einheiten zerlegt und mittels aktiven Transportsystemen ins Blut geleitet. Dies würde jedoch bedeuten, dass die so wichtigen Antikörper zerstört würden, bevor sie den Kreislauf des Kalbes erreichen können. Darum lässt die Darmschranke bei neugeborenen Kälbern in den ersten Lebensstunden auch die Passage größerer Proteine zu, extra für die Antikörperversorgung. Allerdings schließt sich die Darmschranke sehr rasch. Schon 6 Stunden nach der Geburt ist die Absorption massiv eingeschränkt, nur ein kleiner Teil kann noch bis maximal 24 Stunden nach dem Geburtszeitpunkt aufgenommen werden. Daher ist Timing bei der Kolostrum-Gabe von höchster Bedeutung und das knappe Zeitfenster sollte immer ausgenutzt werden!

Zudem sorgt die zusätzliche Gabe von Kolostrum in den ersten Lebenstagen für einen weiteren lokalen Schutz im Darm, da die Antikörper direkt Durchfallerreger binden können und damit unschädlich machen.

… im Idealfall

Die Empfehlungen für eine ideale Kolostrum-Versorgung wurden in den letzten Jahren nach intensiven Studienarbeiten immer weiter nach oben korrigiert. Abhängig von den Grundvoraussetzungen gelten heute folgende Empfehlungen als optimal:
Ein neugeborenes Kalb sollte in den ersten 3 Lebensstunden mindestens 3-4 Liter Kolostrum aufnehmen. Je früher nach der Geburt, desto besser. Das Kolostrum sollte ad libitum, also ohne Mengenbeschränkung angeboten werden, aber immer mit der Möglichkeit, das Volumen des aufgenommenen Kolostrums zu überprüfen. Die Menge von 3-4 Litern Biestmilch ist für die gesunde Entwicklung des Kalbes unerlässlich und hat sogar Auswirkungen auf die spätere Mast- oder Milchleistung. Deshalb sollte unbedingt sichergestellt werden, dass es diese auch erhält. Hat das Kalb eine Trinkschwäche und kein oder nur wenig Kolostrum aufgenommen, dann müssen Sie ihm die restliche Menge verabreichen. Das geht am besten durch das sogenannte Drenchen, bei dem das Jungtier die Biestmilch über einen Schlauch direkt in den Pansen erhält. Dabei ist aber wichtig, dass ein Kalb, nur falls unbedingt notwendig, gedrencht werden sollte. Es ist immer besser, wenn das Kalb die erforderliche Menge an Kolostrum selbstständig trinkt, da mit dem Drenchen auch Probleme, wie Pansentrinken oder Verletzungsgefahren, einhergehen können.


…… im Problemfall

Leider läuft in den ersten Lebensstunden eines Kalbes nicht immer alles gut, z.B. weil es sich um eine Frühgeburt handelt, das Muttertier bei der Geburt verstorben ist, eine Mastitis entwickelt hat oder schlicht keine ausreichende Menge Kolostrum zu geben vermag.
Als erste Maßnahme können Sie auf Ihr eigenes Lager an Biestmilch zurückgreifen. Einmal angelegt, können Sie dieses immer dann erweitern, wenn überschüssiges hochqualitatives Erstkolostrum vorhanden ist. Ideal hierfür sind ältere Kühe, die bereits mehrere Laktationen hinter sich haben, da der Immunglobulingehalt im Kolostrum im Schnitt mit jeder Laktation zunimmt. Das Kolostrum sollte jeweils in Portionen von 0,5 - 1 Liter eingefroren werden und kann bei Bedarf für die Kälber verwenden werden. Achten Sie darauf, dass die Biestmilch beim Auftauen nicht auf mehr als 45 °C erwärmt wird, da sonst die wertvollen Antikörper zerstört werden. Trotz aller Vorsicht kommt es jedoch beim Auftauen immer zu einem gewissen Verlust von Antikörpern (bis zu 40 % der Antikörper), weshalb hier der Einsatz von Kolostrum-Ergänzern sinnvoll ist, um die notwendigen Immunglobulin-Konzentrationen im Kolostrum für das Kalb zu gewährleisten. Falls Ihnen keine Biestmilchbank zur Verfügung steht, können Sie auch direkt auf kommerzielle Kolostrum-Ersatzpräparate zurückgreifen. Da diese jedoch teuer sind und nur eine deutlich geringere Versorgung gewährleisten können, sollten Sie sich nur im Notfall auf diese verlassen und lieber gewissenhaft für solche Ausnahmefälle vorsorgen.
 

Wie können Sie noch helfen?

Nicht nur die ersten Lebensstunden, in denen die Kolostrum-Aufnahme erfolgt, sind für die Vitalität und die Gesundheit der Kälber wichtig. Damit sie stressresistent und widerstandsfähig gegenüber allerlei Krankheiten werden, brauchen die Tiere auch weiterhin viel Zuwendung und eine optimale Ernährung. Damit das klappt, können Sie auf energiereiche Ergänzungsfuttermittel setzen, das das Immunsystem und den Stoffwechsel neugeborener Kälber zusätzlich zur direkt verabreichten Biestmilch effektiv unterstützt. Verwendung finden nur die besten Zutaten wie hochwertiges Rinderkolostrum und verdauungsfreundliche Probiotika. Dazu kommen wichtige Vitamine (Vitamin A, B1, B2, B3, B12, C, D3 und E) und Spurenelemente (Mangan, Zink, Eisen und Selen), die Sie Ihren Tieren direkt als Paste ins Maul verabreichen können. Ideal sind dabei pro Kalb zwei Dosen zu je 15 ml, eine direkt nach der ersten Kolostrumaufnahme, die zweite innerhalb des ersten Lebenstages. So beugt es zuverlässig etwaigen Mangelzuständen vor und unterstützt die ersten Schritte Ihrer Kälber mit einem zusätzlichen Energie-Boost. 

Weiterhin empfehlen wir Ihnen JOSERA Colostrin. Es handelt sich dabei um ein Spezialprodukt zur Stärkung der Abwehrkräfte der Kälber. Es sorgt für ein starkes Immunsystem und schützt die Kälber vor Infektionen. JOSERA Colostrin ist ein Tränkezusatz, der den hohen Bedarf an Vitaminen Spurenelementen in den ersten Lebenstagen deckt und schnell verfügbare Energie liefert.

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FarmCHAMPs-Autorin Nina Rittweg
Autor

Nina Rittweg

Über Nina Rittweg: "Besser geht immer! Als Rindertierärztin stehe ich jeden Tag auf verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben: Ich sehe die Futtertische, die Silos, die Kühe und Kälber - und überall Potential, immer noch ein bisschen besser zu werden. Gerne trage ich mit meinem Wissen aus Studium, Wissenschaft und Praxis dazu bei!"

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