Beim Thema Futtermittel dreht sich alles um eine optimale Nährstoffversorgung der Kühe – Proteine, Kohlenhydrate, Rohfaser, Fette, Mineralstoffe. Aber ein wichtiger Bestandteil der Rinderfütterung wird gerne übergangen: Wasser! Eine ausreichende Versorgung mit Wasser ist von allergrößter Bedeutung für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit Ihrer Milchlieferanten.
Warum ist die Wasserversorgung so wichtig?
Rinder benötigen sehr viel Wasser pro Tag. Aber warum brauchen die Tiere eigentlich so viel Wasser?
Zum einen besteht der Rinderkörper (wie auch der menschliche) zu großen Teilen aus Wasser. Dieses Wasser ist nicht nur im Gefäßsystem in Form von Blut, sondern vor allem auch in jeder Zelle und in den Zellzwischenräumen vorhanden. Es dient neben der Aufrechterhaltung der Gewebeformen vorrangig dem Transport verschiedenster Nährstoffe zu ihren Verbrauchsorten. Daraus ergibt sich eine wichtige Information. Wenn auch Nahrungsinhaltsstoffe in Wasser gelöst werden müssen, um ihre Zielorte zu erreichen, dann steigt der Wasserbedarf mit der Futteraufnahme. Umgekehrt sinkt die Futteraufnahme bei zu wenig Wasserangebot, was neben einer Verminderung der Milchleistung auch zu Stoffwechselproblemen führen kann.
Zum anderen sind die Nieren ständig damit beschäftigt, den Körper von Schadstoffen zu reinigen. Sie filtrieren das Blut und entsorgen über den Harn eine große Menge anfallender überschüssiger und/oder schädlicher Substanzen. Auch diese müssen in Wasser gelöst und aus dem Körper transportiert werden, somit geht auch viel Flüssigkeit über den Harn verloren. Je weniger Wasser zur Verdünnung zur Verfügung steht, desto stärker werden die „Abfallstoffe“ konzentriert und desto gelber wird der Harn! Diese erhöhte Konzentration erhöht auch das Risiko für Harnsteine und Harnwegsinfektionen.
Milch besteht zu etwa 87 % aus Wasser! Eine Milchkuh mit 25 Litern Tagesleistung benötigt also knapp 22 Liter Wasser allein für die Milchproduktion! Darum führt eine Unterversorgung mit Wasser auch zu einer Reduktion der Milchmenge.
Bei steigenden Temperaturen wird die Verdunstung noch ein weiterer wichtiger Faktor. Kühe schwitzen, um den Körper durch Verdunstungskälte herunterzukühlen. Je stärker gekühlt werden muss, desto stärker wird geschwitzt und desto mehr Wasser entweicht über die Haut.
Wie viel Wasser brauchen Ihre Kühe mindestens pro Tag?
Neben den genannten Faktoren Milchleistung und Umgebungstemperatur beeinflussen noch die Futteraufnahme, der Trockensubstanz-Gehalt des Futters und die Lebendmasse der Tiere den Wasserbedarf. Die folgende Grafik zeigt den Mindestwasserbedarf einer 30 l-Kuh sowie einer 50 l-Kuh bei steigenden Temperaturen pro Tag.
Während dieselbe 30 l-Kuh bei 15 °C Umgebungstemperatur mit gut 90 Litern Wasser gut versorgt ist, benötigt sie im Winter bei 5 °C etwa 20 l weniger, an einem Hochsommertag mit 35 °C dagegen gut 20 l mehr. In der Hochleistungsphase benötigen laktierenden Kühe an heißen Tagen sogar bis zu 200 l Wasser! Damit die Wasserversorgung richtig dimensioniert werden kann, muss der maximale Bedarf von diesen hochleistenden Tieren bei großer Wärme im Sommer berücksichtigt werden.
Eine trockenstehende Kuh benötigt zwischen 50 l (im Winter) und 80 l Wasser (im Sommer). Auch kleine Kälber haben neben der Tränke noch einen zusätzlichen Wasserbedarf, deshalb sollten Kälber vom ersten Tag an Wasser zur freien Verfügung haben. Aufzuchtrinder benötigen je nach Körpermasse zwischen 20 l und 40 l Wasser.
Abhilfe schaffen
Grundsätzlich ist es wichtig, Tieren aller Altersgruppen Wasser in guter Qualität und ausreichender Menge anzubieten.
In jeder Gruppe sollten mindestens zwei Tränkevorrichtungen angebracht sein. Bei größeren Gruppen (z.B. in der laktierenden Herde) sollte die Anzahl der Tränken nach der Faustregel Anzahl der Tiere / 20 +1 berechnet werden.
Als Tränkebecken sind Trogtränkebecken mit Schwimmerventilen in einer Länge von 80 – 100 cm (insgesamt sind 10 cm/Kuh im Stall notwendig) mit Kippvorrichtung oder Ablassmöglichkeit durch ein Stopfensystem gut geeignet. Weitere Möglichkeiten sind Ventiltrogtränken mit Wasservorrat und Schwimmertrogtränken.
Ventiltrogtränke mit Wasservorrat:
Es ist immer etwas Wasser vorhanden, drückt die Kuh an die Klappe, fließt mehr Wasser nach.
Schwimmtrogtränke:
Hierbei ist immer Wasser in der Schale vorhanden. Beginnt die Kuh zu trinken, fällt im Gehäuse der "Schwimmer" nach unten und Wasser beginnt wieder zu fließen, bis die Schale voll ist.
Um eine optimale Wasserversorgung zu gewährleisten, sind mehrere Einflussgrößen zu beachten. Da ranghöhere Tiere oft die besten Tränkeplätze belegen, sollten gerade wegen der rangniederen Tiere und der Erstlaktierenden unbedingt ausreichend Wasserstellen zur Verfügung gestellt werden. Auch die Flussrate und der Wasserdruck in den Tränken sollten regelmäßig kontrolliert und technische Mängel wie Verstopfungen und Ablagerungen beseitigt werden. Gibt es stehende Tränken, muss unbedingt auf eine gute Wasserqualität geachtet werden, denn bei steigenden Temperaturen vermehren sich vor allem in stehenden, verunreinigten Wassern verschiedenste Mikroorganismen besonders schnell und mindern die Schmackhaftigkeit des Wassers.
Tipp:
Schätzen Sie anhand der oben genannten Faustzahlen für einen Winter- und einen Sommertag, wieviel Wasser pro Tag verbraucht werden sollte und kontrollieren Sie mithilfe einer Wasseruhr die tatsächlich verbrauchte Menge. Wird deutlich weniger verbraucht als kalkuliert, sollte der Fehler gesucht werden!
Der Stoffwechsel im Hitzestress
Bei steigender Temperatur wie auch bei mangelnder Wasserversorgung sinkt die Futteraufnahme. Dies erhöht das Risiko für Stoffwechselstörungen, denen frühzeitig entgegengewirkt werden muss. Es treten dabei zwei unterschiedliche Probleme auf:
Gerade bei Automatenfütterung holen sich die Kühe zunächst noch ihre Portion Kraftfutter ab, die ihnen beim Melken vorgelegt wird, aber sie haben trotzdem weniger Appetit und stehen weniger gerne im Fressgitter. Damit sinkt vor allem die Raufutteraufnahme und die damit einhergehende Speichelproduktion, die im Normalfall der Säurepufferung im Pansen dient. Verschlimmert wird dieses Problem zusätzlich, wenn zu wenig Wasser aufgenommen und in der Folge ohnehin weniger Speichel gebildet wird. In der Folge sinkt allmählich der pH-Wert im Pansen und es kommt zur Pansenazidose. Zunächst meist subklinisch und damit unbemerkt. Die Azidose kann durch eine ausreichende Wasserversorgung aber auch mit einer gut durchmischten, möglichst homogenen Futtermischung eingedämmt werden. Die zusätzliche Versorgung mit biologischen Puffersubstanzen (z.B. Lebendhefen) oder chemischen Puffersubstanzen (z.B. Natriumbicarbonat) macht Sinn.
Neben der Pansenazidose kann es durch Hitzestress zu einer verminderten Futteraufnahme und somit einem Energiemangel kommen. Es besteht die Gefahr einer Ketose. Gerade in diesem Fall brauchen die betroffenen Kühe direkt und schnell verfügbare Zusatzenergie. Gerade die hochleistenden Kühe müssen Sie unbedingt im Auge behalten und wenn nötig mit einem zusätzlichen Energieschub versorgen.