Startseite
Tricks & Tipps
Rind
Fruchtbarkeitsprobleme – die häufigste Abgangsursache der Milchkuh
Trockensteher im Stall

Fruchtbarkeitsprobleme – die häufigste Abgangsursache der Milchkuh

Geschrieben von Nina Rittweg

Seit vielen Jahren schon sind Fruchtbarkeitsprobleme die Abgangsursache Nummer eins auf Milchviehbetrieben, gefolgt von Eutergesundheit und Lahmheit. Und das leider nicht zu Unrecht. Denn natürlich ist eine Kuh, die schwer trächtig zu bekommen ist, ein finanzielles Problem und irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem es unrentabel wird, sie noch weiter zu behalten. Da die Ursachen aber so schwer zu fassen sind, gestalten sich auch die Gegenmaßnahmen entsprechend schwierig. Trotzdem gilt auch hier: Je besser wir die Probleme verstehen, desto eher kann etwas dagegen unternommen werden.

Die häufigsten Ursachen für Anöstrie

Zunächst einmal – was versteht man unter Anöstrie? Mit dem Wissen um den Zyklus der Kuh ist diese Frage leicht zu beantworten. Hier sehen Sie die Grafik zum Ovarialzyklus der Milchkuh. Achten Sie auf die grüne Zeile. 

Grafik Anöstrie Rind

Hier sehen wir, dass das Zyklusstadium, in dem der Eisprung stattfindet, „Östrus“ genannt wird. Erreicht eine Kuh dieses Stadium nicht, so ist sie „anöstrisch“. Dafür gibt es verschiedenen Ursachen.

Zysten als Ursache für Anöstrie

Zysten sind ein undankbares Problem: Häufig sind sie der Grund für erfolglose Besamungen und es handelt sich um ein so komplexes, multifaktorielles Problem, dass man nur schwer einen konkreten Lösungsansatz findet. Doch zunächst zur Physiologie bzw. Pathologie der Zyste:

Es gibt mehrere Formen von Zysten. Die häufigsten Zysten entstehen durch einen ausbleibenden Eisprung. Der Zyklus ist bis zu diesem Zeitpunkt noch korrekt abgelaufen, aber nun platzt die Eiblase nicht und die Eizelle kann nicht befruchtet werden. Sie stirbt innerhalb der Eiblase auf dem Eierstock ab und der Zyklus kommt ins Stocken. Direkte Ursache ist eine hormonelle Fehlfunktion, bei der nicht genug „Eisprunghormon“ ausgeschüttet wird, um die kritische Schwelle zu erreichen. In den ersten zwei bis drei Zyklen nach der Geburt reguliert sich dies häufig noch selbst und „warten“ ist die adäquate Reaktion.

Doch je später in der Laktation, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die Kuh von alleine in einen suffizienten Zyklus zurückfindet. Hier spielen dann genetische Faktoren, Milchleistung, Fütterungsmängel, Klima, Alter und Grundkrankheiten mit hinein. Eine hormonelle Therapie der Zysten ist dann häufig unumgänglich. Ihr Tierarzt wird Sie dazu beraten. Viele Zysten reagieren zuverlässig auf eine korrekte hormonelle Therapie, lediglich eine sogenannte „kleinzystische Veränderung“ ist nicht behandelbar. Eine Gelbkörperzyste dagegen bildet sich zyklusgerecht von selbst zurück und muss gar nicht behandelt werden.

Wichtig! Mit dem Grundwissen um die Ursache der Zyste erklärt sich, warum ein „Abdrücken“ der Zyste NICHT sinnvoll ist. Denn die Zyste selbst ist nicht das Problem, sondern die hormonelle Fehlfunktion. Mit dem Abdrücken der Zyste wird lediglich „kosmetisch“ behandelt, die Ursache bleibt. Das wahrscheinlichste Ergebnis dieser „Therapie“ ist eine mechanische Schädigung des Eierstockes!

Was können Sie gegen Zysten tun?

Leider sind die Stellschrauben so vielfältig wie die Faktoren, die zur Zystenentstehung beitragen. Der Kampf gegen die Entstehung von Ovarialzysten ist langwierig und muss auf vielen Ebenen stattfinden: Haltung, Stallbelüftung, Fütterung, Stress, Genetik – in allen Bereichen können Ursachen versteckt sein. Eine ehrliche, neutrale Betriebsbegehung mit einem Außenstehenden (zum Beispiel dem Tierarzt) kann hier Mängel aufdecken, die vielleicht bisher durch „Betriebsblindheit“ übersehen wurden. 
 

Zwei konkrete Tipps für konkrete Probleme:

  1. Treten im Betrieb plötzlich vermehrt Zysten auf, ist die Ursache häufig im Futter, genauer gesagt in der Silage zu suchen: Achten Sie hier auf Schimmelpilze!
  2. Eine der häufigsten Ursachen für Zysten ist eine negative Energiebilanz. Kontrollieren Sie aufmerksam Ihre Fütterungsberechnung und die betroffenen Tiere – wenn das Problem hier gefunden wird, kann gut gegengesteuert werden!

Pyometra und Metritis

Unter eine Pyometra versteht man eine mit Eiter gefüllte Gebärmutter, unter Metritis eine entzündete Gebärmutterschleimhaut. Dies kommt häufig nach Schwergeburten und Totgeburten vor, ebenso wie nach Nachgeburtsverhalten. Grund dafür sind Bakterien und Fremdmaterialien (Einstreu beispielsweise), die vor, während oder nach der Geburt in die Gebärmutter eingebracht wurden. Wenige Tage nach der Geburt verschließt sich die Gebärmutter und bietet mit ihrem feuchten, warmen Milieu hervorragende Bedingungen für ein unkontrolliertes Bakterienwachstum im Innern. Mit viel Glück schafft es die Kuh am zehnten Tag nach der Geburt, wenn sich die Gebärmutter noch einmal öffnet, alle ungewünschten Inhalte loszuwerden – doch ohne eine antibiotische Behandlung funktioniert das häufig nur unzureichend. Die Folge ist eine chronische Entzündung mit oder ohne Eiter. Dass in einer solchen Gebärmutter keine Eizelle überleben und wachsen kann, versteht sich natürlich von selbst. Doch darüber hinaus ist die Gebärmutter auch hormonell an den komplexen Vorgängen der Zyklussteuerung beteiligt – und wenn das nicht funktioniert, kann auch der Zyklus nicht physiologisch ablaufen. Die Kuh bleibt damit anöstrisch.

Dieses Problem ist ein „dankbares“ – denn ihm kann durch ganz konkrete Maßnahmen gut vorgebeugt werden:

  • Strenge Hygiene bei der Geburtshilfe: das A und O ist eine gute Hygiene bei der Geburtshilfe. Hände und Arme mit (Jod-)Seife waschen, Stricke nach jeder Geburt gründlich reinigen (nicht nur mit Wasser abspülen), Geburtshelfer sauber und hygienisch aufbewahren und nur dann weiter als bis zum Handgelenk in die Kuh hineinfassen, wenn unbedingt nötig – und dann unbedingt mit gewaschenen Armen und/oder Handschuhen! Weil es während einer Schwergeburt häufig etwas unhandlich wird, ist es notwendig, dass immer auch sauberes Wasser bereitsteht, um sich zwischendurch erneut waschen zu können. Stricke, die während der Geburt schon einmal im Stroh lagen, dürfen nur noch außerhalb der Kuh zum Einsatz kommen!
  • Hygienische Abkalbebox: legt sich die Kuh nach der überstandenen Geburt direkt in verdrecktes Stroh oder auf einen mit Kot und Urin bedeckten Spaltenboden, können Armeen von Keimen ungehindert die noch offenen Geburtswege entern. Sorgen Sie daher unbedingt nicht für das Kalb, sondern auch für die Kuh für eine saubere, frische Strohunterlage.
  • Zügige und fachmännische Abnahme der Nachgeburt: Nach einer Schwer- oder Zwillingsgeburt geht die Nachgeburt häufig nicht von selbst ab. Wichtig ist hier, dass rechtzeitig gehandelt wird: ist die Nachgeburt nach 12h noch nicht abgegangen, muss sie fachmännisch abgenommen werden. Eine zusätzliche lokale antibiotische Therapie ist häufig notwendig, um eine schnelle, komplikationslose Abheilung zu gewährleisten.
  • Zuverlässige Erfolgskontrolle: am 10ten Tag nach der Geburt öffnet sich die Gebärmutter erneut, um eventuell verbliebene Überreste nach draußen zu befördern. An diesem Tag sollte die Kuh genau kontrolliert werden: Ist alles gut gelaufen, so fördert sie lediglich klaren oder leicht rötlichen Schleim zutage, der absolut geruchsneutral ist. Gelblicher oder weißer Schleim, Flocken oder Gewebefetzen sowie ein unangenehmer Geruch deuten darauf hin, dass hier eingegriffen werden muss, um einen chronischen Verlauf zu verhindern.
FarmCHAMPs-Autorin Nina Rittweg
Autor

Nina Rittweg

Über Nina Rittweg: "Besser geht immer! Als Rindertierärztin stehe ich jeden Tag auf verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben: Ich sehe die Futtertische, die Silos, die Kühe und Kälber - und überall Potential, immer noch ein bisschen besser zu werden. Gerne trage ich mit meinem Wissen aus Studium, Wissenschaft und Praxis dazu bei!"

Ruf mich zurück

Wir werden Sie während der Geschäftszeiten innerhalb von 24 Stunden kontaktieren

Kontaktiere uns

Jetzt beraten lassen

Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr

Erforderlich*
Kontaktiere uns

Jetzt beraten lassen

Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr

Diese Ratgeber-Themen könnten Sie ebenfalls interessieren!