
Trockensteher - Kühe richtig trockenstellen
In der Trockenstehphase wird der Grundstein für eine erfolgreiche Laktation gelegt. Doch dazu muss das Gesamtpaket stimmen. Wir geben dir einen Überblick über die Themen, an die du als FarmChamp bei deinen Trockenstehern denken musst.
Trockensteher bedürfen besonderer Aufmerksamkeit
In den letzten 8-10 Wochen der Trächtigkeit werden die Kühe trockengestellt. Das bedeutet: Sie sind zu dieser Zeit hochträchtig – sie versorgen nicht nur sich selbst mit Energie, sondern auch ein „fast fertiges“ Kalb. Dazu kommt die Regeneration des Euters aus der vorangegangenen Laktation und gegen Ende der Trockenstehphase die Vorbereitung auf die Geburt mit ihrer hormonellen Umstellung. Das erfordert eine enorme Stoffwechselleistung und ist definitiv fordernd. Die Kühe sollten in dieser Zeit daher besonders sorgsam behandelt und bestmöglich unterstützt werden. Und das beginnt schon bei der Aufstallung.
Wohin mit den Trockenstehern?
Nur weil die Trockensteher nicht mehr zum Melken kommen, sollten sie auf keinen Fall in ein zweitklassiges, stickiges Stallabteil abgeschoben werden. Im Gegenteil, sie haben erhöhte Anforderungen an ihre Unterbringung:
- möglichst sauber und keimarm,
- hell (idealerweise mit Lichtprogramm: 8h hell, 16h dunkel),
- mit immer ausreichend frischem Wasser,
- mit genügend Tränkeplätzen und
- idealerweise mit einer Joggingweide.
Denn Weidegang fördert nicht nur die Klauengesundheit – diese Bewegung unterstützt später auch die Kalbung. Nicht vergessen: Auch auf der Weide unbedingt viel frisches Wasser und Sonnenschutz anbieten! Gerade die Trockensteher benötigen besonderen Schutz vor der Hitze, da sich Hitzestress nicht nur auf die Leistungsfähigkeit der Kuh, sondern auch massiv auf die Entwicklung und Gesundheit des Kalbes auswirkt. Zum einen haben Kälber, deren Mütter während der Trockenstehphase unter Hitzestress gelitten haben, schlechtere Kolostrumqualitäten zur Verfügung und sind aufgrund eines schwächeren Immunsystems grundsätzlich etwas anfälliger für Kälberkrankheiten. Zum anderen haben sie tendenziell niedrigere Geburtsgewichte und können den Gewichtsnachteil erst im zweiten Lebensjahr wieder aufholen. Das Problem dabei: Im zweiten Jahr wird der Massezuwachs weniger in Körpergröße als vielmehr in Fett angelegt – mit dem Ergebnis kleiner, dicker statt großer, schlanker Färsen.
Das Euter trockenstellen
Tiere mit einer aktiven Mastitis sollten nicht trockengestellt werden, bevor die Mastitis ausgeheilt ist. Auch anschließend benötigen diese Tiere einen antibiotischen Trockensteller, um ein Wiederaufflammen während der Trockenstehzeit zu verhindern. Auch um subklinische Mastitiden (keine klinischen Symptome, aber erhöhte Zellzahlen oder Erregernachweis) auszuheilen, sollten beim Abmelken antibiotische Trockensteller ins Euter eingebracht werden. Sinnvoll ist jedoch in jedem Falle, die Milch zuvor untersuchen zu lassen, um kritische Kühe/Viertel zu identifizieren.
Bei einer guten betriebsübergreifenden Eutergesundheit ist das selektive Trockenstellen eine gute Methode, um den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren: nur die zuvor durch eine Milchuntersuchung identifizierten kritischen Kühe/Viertel werden dann antibiotisch trockengestellt. Zitzenversiegler (meist auf Basis von Bismuthnitrat) sind aber immer eine gute Wahl und beim selektiven Trockenstellen sogar besonders wichtig.
Wichtig ist hier ein absolut hygienisches Arbeiten: sehr gründliche Desinfektion, Euter- und Handhygiene beim Trockenstellen und anschließend sofort schmackhaftes Futter anbieten, damit die Kühe sich nicht sofort danach hinlegen. Sie sollten am besten nach Einbringen der Trockensteller mindestens 30 Minuten stehen bleiben und sich auch anschließend nur in frisch gesäuberte Liegeplätze ablegen.
Da in der Trockenstehphase im schlechtesten Fall auch neue Mastitiden entstehen können, sollten mindestens wöchentliche Euterkontrollen erfolgen. So kann frühzeitig eingegriffen werden. In den letzten Tagen vor der Kalbung, wenn das Euter wieder prall wird, kann das Infektionsrisiko durch tägliches Dippen der Zitzen weiter gesenkt werden.
Die Trockensteherfütterung
Die Fütterung der Trockensteher ist ein Balanceakt: Die Tiere sollten weder verfetten noch deutlich abnehmen. Gegen Ende der Trockenstehphase konkurrieren Pansen und Kalb um den Platz im Bauchraum – doch zu Beginn der Laktation sollte der Pansen zottenreich sein und möglichst viel Volumen aufnehmen können. Außerdem steht und fällt die Milchfieber- und Ketoseprophylaxe mit der Trockensteherfütterung. All das unter einen Hut zu bekommen und gleichzeitig ein gutes Kolostrum zu fördern, ist ohne Frage eine Herausforderung.
Energiedichte und Ketoseprophylaxe
Die Frühtrockensteher sind durch die wegfallende Milchleistung zunächst in einem Energieüberschuss und sollten daher etwas restriktiver gefüttert werden, damit sie nicht an verfetten. Trotzdem sollte die Trockenmasseaufnahme hoch (mindestens 12-14kg [1]) bleiben. Da Kühe nach Energiedichte fressen, ist beispielsweise das Einmischen von Stroh eine gute Option, denn so bleibt die Trockenmasseaufnahme und damit das Pansenvolumen erhalten, ohne zu viel Energie zuzuführen.
Doch gegen Ende der Trockenstehphase wird der Platz im Bauchraum immer knapper, die Kühe nehmen weniger Masse auf – die Ration muss nun also umso energiereicher sein, um den wieder steigenden Energiebedarf zu decken. Denn Tiere, die gegen Ende der Trockenstehphase Körperkondition verlieren, kommen schlechter in Milch und haben ein erhöhtes Risiko für Ketosen.
In unserem Ratgeber "Ketosen beim Rind" findest du weitere hilfreiche Tipps und Tricks zum Thema Ketosen stoppen.
Zur Fütterung der Trockensteher stehen daher zwei verschiedene Konzepte zur Verfügung: Das ein- oder zweiphasige Trockenstellen. Beide haben Vor- und Nachteile und am Ende des Tages zählt vor allem, welches Konzept am besten zu dir und deinem Betrieb passt. Während die zweiphasige Fütterung mit ihren zwei gesonderten Rationen (Frühtrockensteher vs. Vorbereitungsfütterung in den letzten drei Wochen a.p.) besser auf die Bedürfnisse der Kuh angepasst ist, lässt sich die einphasige Fütterung bezüglich des Arbeits- und Platzaufwandes deutlich einfacher realisieren – bleibt jedoch energetisch ein Kompromiss. Wenn alle Trockensteher die gleiche Ration erhalten, gilt es nämlich, einen gut kalkulierten Kompromiss zwischen ausreichend Energie für die einen und reduziertem Energiegehalt für die anderen zu finden.
Milchfieberprophylaxe
Ein speziell für Trockensteher geeignetes Mineralfutter ist essentiell für einen guten Laktationsstart. Achte dabei besonders auf den Gehalt an Kalzium, Phosphor, Kalium und Beta-Carotin.
Kalzium und Phosphor
Zur Milchfieberprophylaxe gehört vor allem eine Kalzium- und Phosphor-reduzierte Fütterung in der Trockenstehphase sowie eine zusätzliche Gabe unmittelbar vor oder kurz nach der Geburt.
Du willst mehr über das Thema Milchfieber bei der Kuh erfahren? Dann informiere dich gerne in unserem Ratgeber.
>> zum Ratgeber Milchfieber bei der Kuh
Ein passendes Produkt bietet dir im Übrigen unser Partner JOSERA mit Prophos. Schaue auch gerne dort mal vorbei.
Kalium
Ein weiterer wichtiger Faktor zur Milchfieberprophylaxe ist der Säure-Basen-Haushalt, denn dieser hat direkten Einfluss auf die Mobilisation von Kalzium und Phosphor aus dem Knochen, sowie die Aufnahme aus dem Darm. Beide Mechanismen werden dabei durch einen Überschuss an positiv geladenen Ionen (Kationen, z.B. Kalium) gehemmt, während ein Überschuss von negativ geladenen Ionen (Anionen, z.B. Chlorid und Schwefel) sie fördert. Bei der Ration für Trockensteher sollte daher immer auf eine negative Kationen-Anionen-Bilanz geachtet werden, also ein Überschuss von Anionen im Futter. Da Kalium hat einen sehr großen Einfluss auf die Kationen-Anionen-Bilanz, daher ist zum einen ein kaliumarmes Grundfutter zu bevorzugen (wenig Grassilage!). Zum anderen kann die Kationen-Anionen-Bilanz aber auch durch Zugabe von sauren Salzen in die Ration beeinflusst werden. Dies sollte genau abgestimmt ab etwa drei Wochen vor der Kalbung erfolgen und immer mit einer Rationsberechnung exakt überprüft werden, um keine gegenteiligen Effekte wie metabolische Azidosen zu riskieren.
Beta-Carotin
Zuletzt sollte auch eine passende Beta-Carotin-Versorgung sichergestellt werden – denn dieses hat Einfluss auf die Kolostrumqualität. Eine gute Versorgungslage erkennst du dann an einem kräftig dunkelgelb bis orange gefärbten Kolostrum.
In unserem Ratgeber "Fruchtbarkeit Rind" erfährst du mehr über das Thema Beta-Carotin.
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Bei der ganzen Sorge um die Kuh: Auch an das Kalb will schon in der Trockenstehphase gedacht sein. Durch eine rechtzeitige Mutterschutzimpfung kann das Kolostrum mit wichtigen Antikörpern enorm aufgewertet werden und so das Kalb optimal vor den typischen Kälberdurchfällen geschützt werden. Denke also drei bis vier Wochen vor dem errechneten Geburtstermin an die Impfung deiner Trockensteher mit der Mutterschutzimpfung.

Über Nina: (Autorin)
"Besser geht immer!
Als Rindertierärztin stehe ich jeden Tag auf verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben:
Ich sehe die Futtertische, die Silos, die Kühe und Kälber - und überall Potential, immer noch ein bisschen besser zu werden.
Gerne trage ich mit meinem Wissen aus Studium, Wissenschaft und Praxis dazu bei!"
Quellen
[1] Engelhardt 2016
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